AE
Ich suchte sonntags in der Stadt nach einem schönen Glas Wein,
A
denn das Fernsehen lädt mich nie zum Frühschoppen ein,
E
da stand ein winzig kleiner Mann am Straßenrand,
A
nicht größer als ein Daumen und winkte mit der Hand.
E
Ich hab' ihn sofort als Anhalter eingeschätzt
A
und ihn behutsam in mein linkes Ohr gesetzt.
E
Die nächste Ampel war rot, doch mein Passagier rief:
A
"Ich hab's eilig du Spießer, lauf los!", und ich lief.
E
Ein Polizist sah das und meinte: "He, wie komm'n Sie mir vor,
A
hier bei Rot zu geh'n, sie ham wohl 'n kleinen Mann im Ohr!"
E
Ich denk', der ist pfiffig, das muss ich gesteh'n,
A
"Also Detlef, komm raus, er hat dich geseh'n."
[Verse 2]
E
Der Wachtmeister sprach und sein Gesicht wird aschfahl.
A
"Mit wem reden Sie denn da? Mir scheint, Sie sind nicht normal!"
E
"Nee", sag' ich lachend, und er wird wieder rot,
A
"Sie ham vollkommen recht, ich bin ein Idiot."
E
Er ruft erleichtert: "Ach, Sie sind ein Idiot!" und das hört
A
ein Passant, der sich entrüstet: "Na, das ist ja unerhört!
E
Ein Beamter beschimpft öffentlich einen unbescholt'nen Mann,
A
den zeigen wir wegen fahrlässigen Rufmordes an!"
E
Er stoppt eine Funkstreife, erklärt alles und doch
A
geh'n die Bullen auf mich los! Ich reiß' gleich die Hände hoch,
E
damit man mich nicht, wie man's häufig so liest,
A
in sogenannter "putativer Notwehr" erschießt!
[Chorus]
E
Es ist schwer zu versteh'n, doch es trifft immer den,
A
der am wenigsten Schuld hat am ganzen Gescheh'n.
E
Jeder hält sich aus den Dingen raus so gut wie er kann,
A
denn der Dumme ist am Ende stets der kleine Mann.
[Verse 3]
AE
"Was liegt nun an?", fragt die Streife, denn sie will schnell wieder fort,
A
da meldet sich ein korpulenter Herr zu Wort,
E
der die ganze Zeit mit seinem Schirm auf mich zielt
A
und dessen Gesicht sehr stark in's Gesäßhafte spielt.
E
"Ich hab' alles gesehen und jetzt reißt mir die Geduld!
A
Dieser Kerl", er weist auf mich, "ist an dem Menschenauflauf schuld!"
E
Eine Hausfrau, die gern kocht, geht vorüber und sinniert,
A
ob man Menschenauflauf wohl mit Speckstreifen garniert.
E
Der Protokollführer bittet verzweifelt um Gehör,
A
fragt, was er denn nun schreiben soll, er verstehe gar nichts mehr.
E
Der Mann in meinem Ohr meint: "Eh du dich noch lang besinnst,
A
schreib dich selbst gleich zuerst auf, wegen Dummheit im Dienst!"
[Verse 4]
E
Während ich noch mit erhob'nen Armen dasteh',
A
erscheint jetzt ein Bläserchor der Heilsarmee.
E
Die spiel'n für mich "Jesus meine Zuversicht",
A
doch mit sehr viel Optimismus erfüllt mich das nicht.
E
Eine Anwohnerin aus der Umgebung schreit
A
Ihrer Nachbarin zu: "Ist denn schon Faschingszeit?"
E
Worauf ihre Nachbarin meint: "Nein, nein,
A
wird wohl bloß wieder so'n Studentenumzug sein."
E
Eine Gruppe Jugendlicher, 'ne Art Rockerverschnitt,
A
brüllt: "Da drüben is' 'ne Demo, ey, da mischen wir mit!"
E
Und sie fordern sogleich die Heilsarmee auf:
A
"Jungs, habt ihr nicht die "Internationale" drauf?"
[Chorus]
E
Es ist schwer zu versteh'n, doch es trifft immer den,
A
der am wenigsten Schuld hat am ganzen Gescheh'n.
E
Jeder hält sich aus den Dingen raus so gut wie er kann,
A
denn der Dumme ist am Ende stets der kleine Mann.
[Verse 5]
AE
Die gaffende Menge hat inzwischen vielleicht
A
die Einwohnerzahl von Castrop-Rauxel erreicht.
E
Der Dicke mit dem Schirm hat das natürlich kommen seh'n,
A
er zetert: "Aufruhr!" und nun bleiben noch mehr Leute steh'n.
E
Er wittert Zersetzung und Hochverrat,
A
als jetzt noch ein Rentner mit Flugblättern naht.
E
Worauf der arme Alte fast vor Aufregung stirbt,
A
weil er auf seinen Zetteln nur für Eierzöpfli wirbt.
E
Darüber gerät der Dicke außer sich vor Zorn,
A
und als Detlef auch noch schreit: "Hau endlich ab, du Arsch mit Ohr'n!"
E
tröst' ich ihn damit, dass es bisweilen gelingt, (Break)
A
aus einem Hintern ein Gesicht zu machen, wenn man ihn gut schminkt.
[Verse 6]
AE
Er heult: "Nehmen Sie das bitte zurück, Sie Schwein!"
A
und schlägt hemmungslos mit seinem Schirm auf mich ein
E
Dabei verlier' ich leider meinen kleinen Mann,
A
den ich auch in der Aufregung nicht wiederfinden kann.
E
Endlich greift die Polizei ein. Damit sie Ordnung schafft,
A
nimmt sie die Rocker und die Heilsarmee in Vorbeugehaft.
E
Diese Maßnahme erweist sich als äußerst gescheit,
A
die Zusammenrottung hat sich jetzt im Nu zerstreut.
E
Auch der Dicke macht sich geflissentlich dünn,
A
nur für Detlef hat Abhau'n nicht mehr viel Sinn.
E
Seine letzten Worte sind: "Mensch, ich bin platt!",
A
er meint das wörtlich, weil die Menge ihn zertreten hat.